Produktvielfalt für den Detailhandel

Zu Besuch in der Kleinpackabteilung von Swissmill. Hier bekommen die Produkte für den Detailhandel ihre Verpackung. Ein unglaublich breites Spektrum an Maschinen und Geräten steht dafür im Einsatz. Von den Mitarbeitenden ist technisches Flair gefragt.
Bereit für das Naturaplan-Bio-Weissmehl: Klotzbodenbeutel aus Papier. Bilder: Mischa Scherrer

Standard- und Spezialmehle, Polentagriesse und Paniermehle für Coop, Landi oder Volg: Insgesamt 86 verschiedene Artikel für den Hausgebrauch werden auf den fünf Linien verpackt. In Papier- und Folienbeuteln, wie es am besten passt. In welchem Mass der Mühlenbetrieb von Swissmill technologiegetrieben ist, zeigt sich auch in dieser Produktionshalle eindrücklich. 

Teamleiter Martin Ehrbar führt zuerst ins angegliederte kleine Büro. Auf einem Bildschirm sind die im Mühlenleitsystem eingebundenen Warenflüsse und Arbeitsprozesse visualisiert. In gelber und blauer Farbe ragen im Schema rund ein Dutzend verschieden grosse Lagerzellen mit ihren Füllständen heraus. Aus diesen Zellen kann Martin Ehrbar die benötigten Mehle und Griesse auf die Verpackungslinien führen. Die Produktionsplanung, laufende Qualitätskontrolle und Dokumentation fallen in seine Verantwortlichkeit. Das verlangt von ihm einen Rundumblick über alle logistischen Schnittstellen wie auch eine kontinuierliche Abstimmung mit den Vermahlungsmengen und den Beständen im Palettenlager.


Backfreude im Lockdown

«Wir haben soeben 80 Tonnen Naturaplan-Bio-Weissmehl bereitgestellt», sagt Martin Ehrbar. «Seit Wochen ist unsere Abteilung in diesen Frühlingstagen gefordert und arbeitet in Extraschichten. Angesichts der ausserordentlichen Lage kaufen die Leute mehr Mehl.» Stimmt, das Werkeln und die Düfte in der Küche tun Gross und Klein während des staatlich verordneten Zuhausebleibens einfach gut. Und die Mühle kann zeigen, was sie draufhat; beispielsweise eine flexible Verfügbarkeit auch in besonderen Situationen unter Beweis stellen.

«Wir haben soeben 80 Tonnen Naturaplan-Bio-Weissmehl bereitgestellt.»

Martin Ehrbar


Zurück in der Produktionshalle – bei den Linien 1 und 2 ist es verdächtig still, keine Mehlpackungen schieben sich über die Rollbänder, der Produktionsfluss ist unterbrochen. «Bei der Palettierung klemmt etwas», sagt Mitarbeiter Pius Bürgi. Martin Ehrbar schaut nach den Müllereitechnikern der menert GmbH. Blau-rot gekleidet, fallen sie in der Mühle sofort auf. Einige von ihnen arbeiten praktisch ständig im Betrieb; mit all den Produktionsanlagen gibt es oft etwas zu richten oder in Schuss zu halten. Erst recht bei Hochbetrieb.

Achtteilige Bildstrecke der Linie 2: Schön gefüllt werden die Beutel oben gefaltet, geschnitten, versiegelt und gelangen so zur nächsten Verpackungsstation.


100 Packungen pro Minute

«Auf der Linie 1 fertigen wir ausschliesslich 1 kg-Packungen», sagt Pius Bürgi, «bis sechs Tonnen pro Stunde, 100 Packungen pro Minute.» Der gelernte Bäcker-Konditor kam im Herbst 2014 zu Swissmill. Vorher war er lange Jahre bei der Coop-Bäckerei in Wallisellen tätig. Deren Produktion wurde 2017 in die neue Grossbäckerei von Coop in Schafisheim AG verlagert. Das zeitaufwendige Pendeln dorthin wäre ihm zu viel geworden. Er freut sich, dass sich ihm bei Swissmill eine neue Tätigkeit bot und ihn der Duft frischer Mehle im Job nach wie vor umgibt. 

Pius Bürgi nutzt die Zeit, um der Besucherin einen Einblick zu geben, derweil zwei Mechaniker die Ursache des Stillstands beheben, damit die Linien rasch wieder regulär laufen. Die Linie 2 fertigt neben 1 kg-Packungen auch 500 g-Packungen mit einer Stundenleistung von maximal vier bzw. zwei Tonnen. «Bei jedem Produktwechsel sind Reinigungen, Maschinenumstellungen wie auch Gebinde- und Etikettenwechsel nötig, das braucht Zeit», erklärt Pius Bürgi. «Die Durchschnittsleistung variiert also, wenn wir zwei Tage lang ein gleiches Palettenprodukt mit Weiss- oder Ruchmehl produzieren oder einige wenige Tonnen Pizzateigmehl und Fertigmischungen in 500 g-Packungen.»

Die Anlagen sind wieder betriebsbereit, kommen hörbar, rhythmisch rauschend, rasselnd und klackend in Schwung. Aufmerksam prüft Pius Bürgi den Prozessverlauf an der Linie 2, wo im raschen Takt Kilo für Kilo Ruchmehl in die Papierpackungen einfliessen. Alles «comme il faut». Störende Geräusche hingegen hat Martin Ehrbar anderswo festgestellt. Er begleitet die Müllereitechniker zu einem neuen Drehteller, der Sammelpackungen richtet. Sie werden sich gleich um ein «Feintuning» kümmern.

Qualitätssicherung: Alle Packungen passieren den Metalldetektor und werden dann gewogen.
Olgun Dilbirin bei der stündlichen Produktkontrolle anhand von Bildschirmdaten und manuellen Mehlproben.


Tempo, Technik, Manpower

Wer im Laden eine Mehlpackung in den Einkaufskorb legt, denkt kaum je daran, wie viele menschliche und maschinelle Arbeiten entlang der ganzen Warenkette vom Feld bis ins Regal dafür nötig sind. Doch allein einige der typischen maschinellen Arbeitsschritte auf der Linie 1 der Kleinpackabteilung von Swissmill zeigen das exemplarisch: Ein Vakuumgreifer holt die Papierbeutel auf die Linie, wo sie aufgefaltet werden. Dosierschnecken sorgen durch Drehen, Rütteln und Pressen für eine gleichmässige Befüllung. Aspirationshauben saugen den Mehlstaub ab. Oben zugefaltet, versiegelt, mit den Herstelldaten bedruckt, gelangen die Mehle später im Zehnerpack mit dem Paternoster auf die Paletten und schliesslich mit Plastik umwickelt auf dem Kettenförderer ins Hochregallager. 

Obwohl viele Vorgänge automatisiert verlaufen, geht hier ohne das Engagement der Mitarbeitenden nichts. Wer hier arbeitet, braucht neben Produktkenntnissen ein gutes Verständnis dafür, wie die Maschinen funktionieren, einzustellen oder zu reinigen sind. Überdies wache Augen und Ohren, um Störungen zu erkennen und handwerkliches Geschick.

In Folie verschweisst und etikettiert gelangen die Mehle im Zehnerpack mit dem Förderband zur Palettierung.


Schlauchbeutelanlage

Somkiet Sisavanh ist der Dienstälteste im siebenköpfigen Team der Kleinpackabteilung unter der Gesamtleitung von Antoine Bolay. Im Zuge der Schliessung der Volg-Mühlen in Winterthur wechselte der gebürtige Laote in den Neunzigerjahren zu Swissmill. Beim Besuch des Kornmagazins ist er an der Linie 5 tätig. Anders als die Mehle im Papiergebinde verlassen die Maisprodukte und Paniermehle die Mühle an der Limmat in Folienschlauchbeuteln. Eine Anlage steht dafür im Einsatz. Gerade werden 750 g-Beutel mit Polenta Dorata gefüllt. Unterschiedlich breite Folienrollen und ungefaltete Kartonschachteln liegen neben der Anlage als Nachschub parat.

Mit einem Vakuumheber zieht Somkiet Sisavanh einen letzten Sechserkarton Polenta Dorata auf das volle Palett. Kollege Olgun Dilbirin fasst mit dem Handstapler danach und führt es weg. Auch hier beeindruckt das Tempo der automatisierten Vorgänge. Damit aus der flachen Folie ein Schlauchbeutel entsteht, wird maschinell geformt, versiegelt, geschnitten, gefaltet. Die Schachteln werden ebenfalls maschinell gefaltet, gefüllt, verleimt und etikettiert. Maisprodukte kommen in den beiden Gebindegrössen von 500 g und 750 g in den Verkauf, Paniermehle in 350 g und 250 g-Beuteln. Da heisst es, öfters Maschinen reinigen und neu einstellen.

Das Palettieren der Sammelpackungen erfolgt automatisiert. Zum Schluss wird jede Palette noch mit schützender Stretchfolie umwickelt.


Qualitätssicherung 

Teamleiter Martin Ehrbar kommt hinzu und erklärt der Besucherin einige Massnahmen zur Qualitätssicherung: «An allen Anlagen testen die Mitarbeitenden jeweils morgens und abends und bei jedem Produktwechsel den Metalldetektor.» Er demonstriert dies anhand einer Musterpackung mit Mais, die Metallteilchen enthält. Tatsächlich, sie wird als fehlerhaft erkannt und ausgeworfen. Die danebenstehende Waage scheidet Packungen mit Fehlgewicht ebenfalls aus. Genauso wichtig: die gründlichen Produktkontrollen, die die Mitarbeitenden stündlich an den Linien vornehmen und auf einem Handzettel mit Visum dokumentieren. Und nicht zuletzt die Rückverfolgbarkeit dank genauer Etiketteninformationen und detaillierter Produktionsprotokolle.

«Die Schönheit der Packungen ist eben auch wichtig.»

Martin Ehrbar


Die Linie 4, die ausschliesslich 2,5 kg Papierpackungen fertigt, ist an diesem Vormittag planmässig nicht in Betrieb. Auf Linie 3 hingegen werden meist 5 Kilo-Tragtaschen mit Mehlen gefertigt, gerade mit Ruchmehl Cuisine Panflor. Ausserdem produziert die Anlage Produkte im 10-Kilo-Gebinde. Versteht sich, hier gibt es einen extragrossen Metalldetektor. Mehrere Taschen kommen dann maschinell in eine Kartonschachtel. Mit einem Vakuumheber und leichter Hand führt Martin Ehrbar en passant eine der 20 kg-Schachteln auf ein Palett. Dann fasst er nach einer aussortierten Packung und sagt: «Die Nähmaschine braucht eine rasche Inspektion. Ein halbes Jahr war alles in Ordnung, doch plötzlich läuft der rote Schliessfaden oben zwischendurch schräg.» Bis die Techniker zur Stelle sind, heisst es, genau beobachten und manuell aussortieren. «Die Schönheit der Packungen ist eben auch wichtig.»

Blick ins Hochregallager, wo die palettierten Produkte bereitstehen für den Transport per Bahn oder Camion.

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